Gedichte
Der schöne Mann, den ich dort drüben sehe, verdient eine schöne Frau an seiner Seite. Ich erwarte, dass sie hinter den Bäumen hervortritt, unter denen er auf einer Parkbank platzgenommen hat. Bis sie erschienen ist, bleibt ihm noch Zeit, in einem Buch aus seiner Jackentasche zu blättern. Für diesen Augenblick ist er in Schutz genommen vor der großen Leistung, die die Welt von ihm erwartet, nämlich der schöne Mann einer schönen Frau zu sein. Besäße er seine Schönheit nicht wie einen Mantel, der ihm irgendwann umgehängt wurde, könnte er den Dingen gelassener begegnen – niemand würde einen Anspruch an ihn stellen oder in Gedanken eine passende Ergänzung für ihn suchen. Plötzlich gäbe es etwas Rechtmäßiges, das man ihm vorenthalten könnte Da aber wer nicht schön ist auch nicht immer lieben darf, könnte ihm plötzlich etwas Gewohntes vorenthalten werden. Er weiß nicht, ob ihn das stören würde Ich nehme an, dass ihn das stören würde. Wenn ich der schöne Mann dort drüben wäre, würde ich wohl eine schöne Frau verdienen.
Pierre Lachaise - 30. Jul, 20:39
ich weiß nicht mehr, seit wann mein zimmer
dieses ängstliche tapetenweiß,
das mich schon immer irgendwie
verlegen stimmte, auf den wänden trägt,
und wer die pflanze brachte, die sich an
den frühling nicht erinnern will.
durch die gardinen dringt das licht nicht ganz,
doch merkt man, dass die tage länger werden.
manchmal denk ich: in den kabeln
zündet irgendwann ein funke,
der die stille löst.
Pierre Lachaise - 30. Apr, 14:07
am fenster lehnt
der tag novemberfarben
und kämmt aus den zweigen
die misteln.
vor unserer tür
zieht einer im vorübergehen
an den schatten, die
dich trüb in wasser malen.
uns bleibt,
auf späteres zu warten.
für heute lass uns besser
nicht nach draußen schaun.
Pierre Lachaise - 8. Apr, 14:54
am fenster lehnt
der tag novemberfarben,
aus den zweigen
die misteln zu kämmen.
vor der tür zieht einer
an den schatten, die
dich trüb in wasser malen.
ich weiß, uns bleibt
auf späteres zu warten.
solange lass uns lieber
nicht nach draußen schaun.
Pierre Lachaise - 5. Apr, 17:54
Ein Hauch von Dämmerung
ein wenig Schatten vom Mondschein
und keiner der singt
Und wir lassen uns treiben
in vergessender Selbstsicherheit
Bis sich die Ufer uns nähern
Stranden lautlos und sanft
auf dem dunklen Sand
Und sind
angekommen
mandorla - 31. Jan, 22:57
Vielleicht unterwegs in irgendeine Vorwinternacht: Sodass man, im Treppenhaus oder sonstwo, über den Mond gestolpert wäre, hätte nicht die Eile (die eigene oder die anderer?) vorzeitig den Blick verstellt. Wenigstens musste man nicht, wie jemand mal behauptet hat, die Augen schließen, um etwas Bestimmtes ganz für sich selbst zu besitzen. Gestern noch war zu hören, wie schwer es falle, einzuschlafen. Das stört heute bereits weniger, flackert aber noch einmal auf. Draußen dann Ähnliches: Über Grade der Einsamkeit, und dass im Zustand des Übergangs die Schwelle oft übersehen wird. Wenn aber solches irgendwann widerfährt: Wohin dann mit den Gedanken, die keine sein wollen? Es bleibt dabei, die Idee, dass da oben etwas mitgeht, verhangen oder dürftig übermalt, genauso wie man gewisse Flecken auf einem Teppich erst Jahre später entdeckt. Vielleicht haben auch sie sich langsam bis zu einer festen Stelle vorgetastet, unsichtbar, immer schon einen Schritt voraus. Jedenfalls irgendwie diesem schwelenden Auge verwandt.
Pierre Lachaise - 23. Jan, 17:38
lass die heizung laufen:
sie wärmt mir die gedanken
nach soviel gespräch
vom ersten schnee.
der gemüsegarten
trägt das weiß der wolken
und gibt für heute
als vorbild nicht viel her.
im lokalteil
liest man von einem,
der gestern über nacht
erfroren ist.
erfrorenen.
Pierre Lachaise - 29. Dez, 00:45
im weißen schimmer
so voll und unverbraucht
will diese blüte nicht
allein sich selbst enthalten,
und trägt zur mitte hin
ein abbild, wieder stern,
nur kleiner.
genauso führt wohl einer
an seiner hand ein kind,
in dem sich seine züge
bereits entfalten und
kaum wegzudenken sind.
Pierre Lachaise - 14. Dez, 11:36
am fenster der tag
gedankenschwer.
der kämmt aus den zweigen
die misteln
und flicht das windspiel
mit rauer hand.
vor unserer tür
zieht er an den schatten
und malt dich trüb
in wasser.
Pierre Lachaise - 14. Dez, 11:30
am fenster der tag
gedankenschwer.
der kämmt aus den zweigen
die misteln
und flattert als
und fesselt das windspiel
vor unserer tür.
der zerrt an den fahnen
der zieht an den schatten
vor unserem haus
und malt dich in wasser –
so flüchtig, trüb,
verlaufen.
Pierre Lachaise - 30. Nov, 23:56