Definition "Gedicht"
zit. nach: Lamping, Dieter: Art. "Gedicht", in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, hrsg. von Klaus Weimar, Berlin u. New York 1997, S. 669.
"Als Gedicht ist grundsätzlich jeder Text zu bezeichnen, der - im Unterschied zur Prosa - ganz oder teilweise aus Versen besteht. Als Verse sind dabei nicht nur metrisch gebundene, sonder auch Freie Verse zu verstehen. Typische, aber nicht notwendige Merkmale von Gedichten insbesondere vor dem 20. Jh. sind Reimbindung und strophische Gliederung. Die vor allem im 20. Jh. häufige Identifikation des Gedichts mit dem 'lyrischen Gedicht' [...] greift zu kurz. Gedichte sind nicht notwendig (wenngleich häufig) lyrisch, sie können z. B. auch dramatisch oder episch strukturiert sein."
"Als Gedicht ist grundsätzlich jeder Text zu bezeichnen, der - im Unterschied zur Prosa - ganz oder teilweise aus Versen besteht. Als Verse sind dabei nicht nur metrisch gebundene, sonder auch Freie Verse zu verstehen. Typische, aber nicht notwendige Merkmale von Gedichten insbesondere vor dem 20. Jh. sind Reimbindung und strophische Gliederung. Die vor allem im 20. Jh. häufige Identifikation des Gedichts mit dem 'lyrischen Gedicht' [...] greift zu kurz. Gedichte sind nicht notwendig (wenngleich häufig) lyrisch, sie können z. B. auch dramatisch oder episch strukturiert sein."
Pierre Lachaise - 27. Mai, 16:06
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 4678 mal gelesen
@Pierre Lachaise zu was ein Gedicht sei.
Nehmen wir die Definition aber zur Grundlage, wird es letztlich Ermessenssache, ob etwas ein Gedicht sei oder nicht. Dem mag so sein: für eine Lehre des Gedichtes, um selber Gedichte zu schreiben und Kategorien zu haben, taugt er in keinem Fall. Man kann sich dann nur noch auf sein Gefühl verlassen. Wenn ich Ihnen dann also in seinem Seminar oder hier sage: Das ist für mein Gefühl aber kein Gedicht, dann ist dagegen schwer was zu sagen - eben so schwer, wie wenn Sie dagegenhalten: Doch, es ist eins. Wir können dann schweigen.
Diese Frage werden wir immer wieder begegnen. Und ich werde sie immer wieder stellen, egal, ob Herrn Prof. Kiesel das gefiele oder nicht, egal, ob das überhaupt jemandem gefällt.
Sicherlich gibt es aber auch Evidenz. Wenn wir alle also ein Gedicht ansehen und haben dieses Evidenzerlebnis mit ihm, dann tatsächlich stellt sich die Frage aber auch nicht. Die Frage wäre vielmehr: Was ist Evidenz?
Man kann meine Einwände nun verschieben und bei einem Gedicht, bei dem ich eine solche Frage stellte, sagen: das ist in jedem Fall eines, weil diese Definition erfüllt ist; dann stellt sich die Frage: ist es ein gutes oder schlechtes Gedicht? Und schon fehlen uns aber wiederum die Kriterien.
"Die beste jemandem bekannte Interpretation" von etwas sagt im übrigen a u c h noch nichts, außer, daß jemand einige Definitionen kennt. Es könnte durchaus sein, daß eine andere Definitionen eben n i c h t kennt.
@ANH zu Pierre Lachaisens "Definition"
Dass "uns" diese Definition nicht weiterbringt, ist doch eher darauf zurückzuführen, dass wir (vor allem noch die Seminarteilnehmer) versuchen, Schreibhaltungen zu entwickeln. Und da helfen Lehrbuchdefinitionen nicht weiter, weil wir hier eigentlich eine ästhetische Frage stellen.
Natürlich hängt Ihr Verständnis davon, was ein Gedicht sei, mit Ihrer Ästhetik zusammen - das bestreiten Sie ja auch nicht. Doch bringt diese Sie (aus Ihrer Sicht folgerichtig) dazu, "Gegenbeispiele", Texte, die Zeilen "willkürlich" brechen, zu kritisieren bzw. eine Minderung ihres ästhetischen Werts zuzusprechen, wie zuletzt bei Pierres Text geschehen.
Mir ist vollkommen klar, dass Sie uns Ihre "Lehre des Gedichts" präsentieren müssen, wenn Sie Ihre Poetik vermitteln wollen. Nur besteht die Gefahr, dass den Seminarteilnehmern und der Dikussion der Relativismus verloren geht. Sinnvoll scheint sie zu sein, weil sie gewisse Problematiken bewusst werden lässt. Auch mag dem Schreibenden eine dogmatische statt einer relativistischen Sichtweise helfen, einen eigenen Stil zu forcieren. Nur warum lassen Sie als Diskussionsgegenstand nicht zu, dass es weitere, teils vielleicht auch gar nicht fixierbare "Lehren des Gedichts" gibt (geben können muss), die S i e ablehnen?
Von mir aus möge man feststellen, dass Thomas Klings Langzeilen-"Gedichte" nach einer bestimmten Lehre keine Gedichte seien. Aber was bringt uns d a s, wenn es ein ernst gemeintes Fazit sein soll?