Auf dem Amt
Ich gab mir Mühe, den Sachverhalt möglichst korrekt darzulegen, ohne mich in kleinlichen Details zu ergehen. ohne zu viele oder zu wenige Details. Ich wollte nicht den Faden verlieren oder gar die Tonlage verfehlen. Doch bereits nach wenigen Worten stockte meine Rede, und der Schmerz machte mich stumm. Doch der Schmerz hob sich weit hinauf ins Bewußtsein, schob jeden Gedanken beiseite. Wir, das heißt mein Sachbearbeiter und ich, betrachteten meine Hand. Der rechte Zeigefinger war in die Ringmechanik des Leitzordners geraten, als der Hebel zugeschnappt war; die Spreizklammer stak fest im ersten Fingerglied; rasch tropfte das Blut auf die Bögen und Unterlagen, so gleichmäßig wie der Puls eines Metronoms, und tränkte das Papier. die Spreizklammer hatte das erste Fingerglied durchschlagen; das Blut tropfte rasch auf die Bögen und Unterlagen, so gleichmäßig wie ein Metronom, und versickerte im Papier. Mein Sachbearbeiter ging zur Trinkwassersäule, füllte einen Becher und goß sich den Inhalt übers Haar, dann eilte er hinaus, als gälte es, etwas Dringendes zu erledigen. Ich wagte kaum, mich zu bewegen, fürchtete ich doch die Steigerung der Qual, bloß den Oberkörper konnte ich ein wenig drehen und durch die vertikalen Lamellen der Jalousie hinaus auf den Hinterhof spähen. Meine Bewegungsfreiheit war stark eingeschränkt, falls ich den Schmerz nicht ins Unerträgliche steigern wollte, doch konnte ich den Oberkörper ein wenig drehen und durch die vertikalen Lamellen der Jalousie hinaus auf den Hinterhof spähen. Dort stand mein Sachbearbeiter, mit dem Rücken leicht an die Wand gelehnt, und rauchte. Wassertropfen perlten aus seiner unversehrten Frisur und fielen synchron mit dem Blut aus meinem Finger. Immer wieder zischte und dampfte die von den Tropfen getroffene Zigarette. Endlich warf er sie halbgeraucht weg.
maudit - 16. Jun, 09:55
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@maudit
kritikpunkte: 1. vielleicht ist am ende die pointe zu schwach, sodass kein richtiger abschluss zustande kommt (sofern dieses prosastück nicht als anfang eines größeren textkörpers gedacht ist). 2. frage ich mich, ob es nicht doch ein bisschen übertrieben ist, wenn ein "leitzordner" einem "das fingerglied durchschlägt", sodass man festgeklemmt und quasi "gefangen" ist. die idee leuchtet mir ein und ich finde sie gut, aber ist eine "spreizklammer" nicht etwas zu schwach für einen solchen unfall? oder ich stelle mir dabei etwas falsches vor, das nicht gemeint ist. dann bitte ich um entschuldigung!
@Pierre Lachaise