Emanation (2)

wir hatten Tagträume
in denen Sonneneruptionen
nach uns langten

die Protuberanzen
acht Lichtminuten lang
deren Enden ausfransten
zu Sommerlicht

auf der Erde Pflanzen
von Licht, Sauerstoff und Wasser dick
in Sommerkleider trieben sie ihre Ranken

vom Strahlensturm zerstochene Kleider
im fetten Gras
lagen sie hingeworfen da

die Erddrehung trieb uns
und unsere Zungen
in die Nacht

es waren dreißig Grad
im Erdschatten
die unsere Glieder vibrieren ließen

das Weiß unserer Hände
wie der innerste Kern einer Glut
flimmerte weg in andere Welten

da strahlte auch die Erde
Koronen aus
Pierre Lachaise - 20. Jan, 19:54

@Moische

Interessante Idee: Die Lichtmetaphorik harmonisiert definitiv mit der apokalyptischen Szenerie, die ich mir dabei vorstelle. Dass das alles als "Emanation", als "Tagtraum" gekennzeichnet ist, macht es nur umso schauriger. Trotzdem ist manches für meinen Geschmack noch zu wenig subtil, erinnert ein bisschen auch an Roland Emmerich. Man müsste an der einen oder anderen Stelle vielleicht auf Redundanz prüfen. Ich persönlich finde außerdem schade, dass der tolle Vers "es reichten dreißig grad, um unsere Glieder vibrieren zu lassen" verändert wurde. Wäre ein großartiges Gedichtende gewesen, oder?

Moische - 20. Jan, 22:17

oha! Emerich, das ist ein schöner Vergleich! :-)

Ja, Redundanz, das stimmt. Subtilität ist ebenso zu beschauen.

Schön auch, dass dir der vorige Vers mit den dreißig Grad gefallen hat.

Kannst du noch etwas mehr zum apokalyptischen Szenario erzählen? Welche Bilder sind hier für dich eher (Emerich)-apokalyptisch?
Pierre Lachaise - 23. Jan, 17:37

@Moische

vielleicht liegt die Emerich-Assoziation an Begriffen wie "Sonneneruption" oder "Strahlensturm", die einfach sehr massiv daherkommen. Da wäre m.E. etwas mehr Feinheit angebracht. Im Moment würde mir das ganze wohl als Prosatext besser gefallen, denn der Verdichtungsgrad dieses Poems ist eindeutig (noch) zu niedrig.

Moische - 24. Jan, 15:43

Prosatext, sagst du? Hm... klingt verlockend.

Stimmt schon, dass die Dichte hier auf der Strecke bleibt. Mag sein, dass ich hier zu viel erzählen will. Ich habe bis jetzt keine Prosatexte geschrieben und weiß daher auch nicht um die Möglichkeiten die sich einem darin bieten. Bis jetzt mussten Gedichte für alles herhalten. Ich dachte nämlich, dass ein Prosatext so weit wie möglich auf lyrische Elemente verzichten sollte.

Danke für deine Anregung.

herr_urian - 24. Jan, 23:00

@ moische

Seit wann gibt es ein Sollte? Hast du schon einmal Novalis Baudelaire Rimbaud Trakl gelesen? Die Texte, die ich meine, mag man dann Prosagedichte nennen, bilden aber definitiv den Übergangsbereich zu lyrischer Prosa.
Moische - 25. Jan, 16:27

an Urian

Meine These war folgende:

Wenn Herr Herbst sagt, dass Prosa nicht in ein Gedicht gehört, dann lautet der Umkehrschluss: lyrische Elemente sollten in Prosa nicht auftauchen.
Das ist auch mein einziges Wissen auf das ich rekurieren kann und Baudelaire, Trakl etc. habe ich tatsächlich nicht gelesen.

Ich finde auch, dass es ein Sollte nicht gibt. Aber um dem Seminar gerecht zu werden dachte ich mir, dass ich mal konform und mitläuferisch bin und meine eigenen Ansichten zum Wohl einer literarischen Reifung hinten anstelle. ;-)

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