aas amatoria

frei verfügbar,
uhrzeit egal,
totale inspektion
geht immer!
am besten, wie üblich,
bar auf die hand –
der rest
versteht sich von selbst,
banal, radikal, sprich:
ALLES,
was du willst –
bevorzugt aber
gesichtslos
von hinten.
Valivarius - 4. Apr, 20:39

@pierre

Ein Gegenstück zur Liebeskunst? Der Text hat sein Frisches, Herausforderndes. Ernst genommen werden kann der Betroffene m.E. in dem Sinne nicht, dass die geschilderte Art Mensch im Gedicht selbst auch nicht ernst genommen wird (was auch das Ziel zu sein scheint). Das Provokative des Textes kommt gut an, was ich hier etwas vermisse ist der Bezug zu irgend etwas Konkretem. Geht es wirklich um jemanden der sich prostituiert oder doch eher um eine "prostituierende Haltung"? Letzteres schien mir zumindest die Absicht. Dafür ist für mich aber in diesem Text zu unklar in welcher Hinsicht man sich prostituiert. Für mich sind viele Songwriter ein Opfer der geschilderten Form von Prostitution, oder Politiker. Aber so wie der Text hier steht, würde eine solche Entscheidung etwas leisten, was nicht vom Text herkommt, also willkürlich entscheiden worum es geht.
Gruß, vv
PS: Ich muss gestehen: Die ars amatoria habe ich nicht gelesen, d.h. ich kann nicht auf Bezüge eingehen, die vielleicht gegeben sind. Ich würde mich aber freuen, wenn du das ein oder andere dazu sagen könntest, wo es relevant wird.

Pierre Lachaise - 5. Apr, 00:57

@Valivarius

Dass der Text provoziert, freut mich, zumal ich Provokantes eher selten schreibe. Dass es inhaltlich noch um etwas anderes gehen könnte als rein sexuelle Prostitution, ist mir bislang nicht in den Sinn gekommen. Ich dachte, allein die Überschrift würde für die nötige Klarheit sorgen. Aber vielleicht liegt es gar nicht so sehr am Gedicht, dass du weitere Sinnebenen hinzuaddiert hast, sondern in erster Linie daran, dass der Akt der (erst einmal sexuellen) Prostitution heutzutage einen ungemeinen Symbolwert für das öffentliche wie private Leben besitzt (vgl. deine Beispiele aus Musikindustrie und Politik). Wir kommen für gewöhnlich gar nicht mehr daran vorbei, den Begriff der Prostitution mehrdimensional zu denken.
P.S.: Ich habe die ars amatoria/amandi auch nicht gelesen
Valivarius - 5. Apr, 15:18

@pierre

Den Eindruck, dass es hier nicht nur um Prostitution gehen könnte, hatten mir die ersten vier Zeilen vermittelt:
frei verfügbar,
uhrzeit egal,
totale inspektion
geht immer!
Diese Zeilen haben allgemeinen Charakter und lassen sich genauso auf z.B. Internetprofile auf Facebook anwenden, insofern "inspektion" immer geht. Oder irgendwelche Blogger, die ihren gesamten Alltag freiwillig auf dem Präsentierteller darreichen. Aber auch Promis, über deren Alltag man mehr erfahren kann, als einem lieb sein sollte. Genauso natürlich ideologiefreundlich gesinnte Menschen, die ihre freidenkenden Mitmenschen zu gerne denunzieren und ihre eigene "Sauberkeit" vorzeigen würden usw. Das als eine Form von sexuellem Angebot gegen Vergütung, fand ich sehr reizend. Zu Zeiten, in denen Twitter, Facebook, Blogs und andere als internetäre Selbstbestätigungseinrichtungen missbrauchte Plattformen dominieren, fand ich eine solche Botschaft sehr willkommen und habe sie deswegen übereilt reingelesen. Wenn ich dir diese Assoziation schmackhaft machen konnte, könntest du ja versuchen den Text auch in diese Richtung lesbar zu machen, zumindest probeweise, wenn du die Zeit dazu hast.
herr_urian - 6. Apr, 18:52

@liebesaas und geier

Deine Interpretation, Valivarius, ist keinesfalls weithergeholt. Ich würde sogar so weit gehen: Ließe sich der Text sich nicht auf Sex im Allgemeinen beziehen, fehlte ihm jeglicher Reiz.

Dass du, Pierre, das so vielleicht gar nicht intendiert hattest, als du das Gedicht verfasstest, ist nicht weiter schlimm, nur würde ich dir mit Valivarius raten, diese "allgemeinere" Lesart eher zu forcieren.

Pierre Lachaise - 6. Apr, 20:35

@Urian u. Valivarius

Hm, selbst wenn ihr Recht haben solltet: Ein solches Gedicht, das sämtliche Arten von Prostitution in der Welt auf einmal anklagt, möchte ich gar nicht (bewusst) schreiben. Die Folge wäre zwangsläufig ein hypermoralisches "O Mensch!". Da ist es mir eigentlich lieber, man bekommt den "allgemeineren" Aspekt, von dem ihr redet, durch Ambiguität (und sozusagen durch die Hintertür) hinein. Alles, was darüber hinaus forciert, also in eine ganz bestimmte Richtung lenkt, würde m. E. jedwede Doppeldeutigkeit zerstören.
Valivarius - 9. Apr, 01:39

@pierre

Eine Sorge, die ich verstehe. Allerdings muss das Gedicht nicht zwangsläufig moralisierend werden, glaube ich. Wenn du allein durch deine Wortwahl bestimmte gedanklichen Verknüpfungen beim Leser hervorrufst ohne einen bestimmten Ton zu wählen oder gar erklärend zu werden, wüsste ich nicht wieso man dies noch Moral nennen sollte. Wenn du die Ambiguität, von der du sprachst streng durchkomponierst, indem du mit Worten die einzelnen Bereiche aufleuchten lässt, o h n e zugleich das Ganze als Vergleich darzustellen, dann könnte es klappen. Was ich meine ist z.B. Folgendes:

Von hinten - das ist w i e ein Politiker, der sich plötzlich um die Umwelt sorgt.

Damit lädst du nicht nur die im Vordergrund stehende Liebeskunst mit fremden Bedeutungen auf, sondern du wertest sie auch ab. Solche Dinge sind also natürlich nicht gemeint, aber das meinten wir, glaube ich, auch nicht. Was ich meinte - dafür müsste ich selbst erst ein gutes Beispiel finden. Ein relativ schlechtes Beispiel wäre bereits einfach nur irgendeinen Popsong im Hintergrund erklingen zu lassen oder Ähnliches. Oder die Frage nach den Papieren zu stellen (bist du denn alt genug, mein Junge?). Das ist nun alles nichts, was ich dir empfehle, sondern nur als Entgegensetzung gegenüber einer moralisierenden Haltung, die man so, wie ich glaube, vermeiden kann und dennoch die Ambiguität noch stärker in ein paar Bereichen ausbauen kann.
(Mein Kommentar ist wirr geworden, aber ich bin zu müde ihn nochmal zu überarbeiten. Ich hoffe, du verstehst das Gemeinte.)
Gruß, vv

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